„...knutschen unterm Mistelzweig“ („snogging under the mistletoe“): eins von zahlreichen Highlights, die Britanniens Premier Boris Johnson in seiner Weihnachtsansprache brachte. So thematisiert er Weihnachten: „It’s not about presents or turkey or Brandy butter – much though I like all oft them, and that kind of stuff.“
Ein Lehrstück in Sachen Rhetorik. Der Mann ist persönlich. Und getragen von guter Stimmung – angesichts seines Brexit-Vertrags verständlich, aber nicht selbstverständlich.
Spaßig ernsthaft
Er nimmt das Fest ins Visier und sagt, er habe noch kein solches erlebt: „not in my lifetime“ – und dann: „…and I bet not in yours either.“ So stellt man direkte Beziehung zum Zuschauer her. „Ich wette, auch in Ihrem Leben nicht“ – geht es besser? Dann wird er ernster, um über Weihnachten zu sagen: „It’s about hope“, und um den Verzicht 2020 als den Auftakt zu einem fröhlichen, gesunden Weihnachten 2021 darzustellen. Er schaltet das Licht ein, könnte man sagen, verbreitet Hoffnung – und zwar glaubwürdig.
Seine Stimme kennt Variationen von laut und leise, langsam und schnell, zügig und nachdenklich, tastend und kraftvoll. Seine Augen sprechen, sein Gesicht zeigt Ausdruck. Er ist sich nicht zu schade für Gesten, mit denen er uns förmlich die Schulter boxt: ein Kumpel! Plötzlich verschwindet er aus dem Bild, um ein Geschenk von unten unterm Weihnachtsbaum hervorzukramen, mit dem wieder erscheint: ein Stapel Papier, etwas zerfleddert und zerzaust wie seine Haare. Und er freut sich fast wie ein Kind bei der Bescherung und drückt Freude und Stolz offen aus: der Brexit-Vertrag, „full of fish…“
Rhetorik in die Lehrpläne!
Die Rede zeigt, was wir nachzuholen haben: Rhetorik gehört wieder in die Lehrpläne von Schulen und Hochschulen. Bis dahin lernen wir sie anderswo… Und ja, es geht bei Rhetorik auch um Verpackung – sogar auf die Gefahr hin, dass (schlechte) Politik zu Unrecht (gut) verkauft werden könnte. Doch es geht um mehr: um den Mut zur Auseinandersetzung, die sich nicht auf Hinterzimmer-Deals und Technokratie beschränken muss – und um Authentizität. Denn je besser wir rhetorisch sind, desto mehr Offenheit und Ehrlichkeit können wir wagen.
„And now for the sprouts“
Leichtfüßig lustvoll spielt Johnson mit Zitaten aus Weihnachtsgeschichte und Liedern. „Weise aus dem Osten“ und „anderswo“ hätten Impfstoff gebracht. Der Vertrag ist am Ende die „gute Nachricht“
(„good news“, auch: „Evangelium“). Und es sind keine 10 Minuten, keine 5, nein, bei 3:17 Minuten ruft der Premier zum Weihnachts-Dinner: „Now for the sprouts“ (Rosenkohl) – sinngemäß: „Und jetzt
ran an die Buletten“, um nicht zu sagen: „Lassen wir die Korken knallen!“
Weltmeisterlich.
eb
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